Religion in der Literatur

In jüdischer, christlicher und muslimischer Tradition kommt kanonischen Texten zentrale Bedeutung zu. Die heiligen Schriften der drei Religionen werden in kultischen Handlungen durch Rezitation präsent gehalten und sind Ausgangspunkt einer fortwährenden Kommentierung, Interpretation und Relektüre. Darüber hinaus haben die kanonischen Texte auch eine Rezeption und Transformation in unterschiedlichen Formen der Kunst erfahren: In Literatur, Musik und bildender Kunst tauchen Momente dieser Texte (Erzählungen, Motive, Vorstellungen, Bilder, aber auch Elemente gelebter religiöser und liturgischer Praxis) in verwandelter Weise auf. Umgekehrt ist auch die Hermeneutik heiliger Texte auf jenen Raum mitverwiesen, welcher von der zeitgenössischen Literatur (und anderen Künsten) eröffnet wird. Damit ergibt sich ein komplexes Wechselspiel von Religion und Literatur.

In diesem Cluster werden exemplarisch die wechselseitigen Transformationsprozesse von Religion und Literatur untersucht. Eine wichtige Thematik ist der Zusammenhang von Dichtung und Gebet, eine weitere die literarische Thematisierung von Leben und Tod, Schuld und Trauer, Hoffnung, Liebe und Glaube an der Schwelle religiöser und säkularer Narrative. Wie fließt religiöse Praxis in literarische Werke ein und tritt darin auch als strukturierendes Moment auf? Welche Formen des Umgangs mit religiösen Geboten und Handlungsanweisungen kann Literatur ausprägen? Wie kehrt religiöse Motivik in alternate history wieder? Die Aufmerksamkeit gilt auch der unerwarteten Brückenfunktion zwischen Literatur und Religion, wie sie Humor, Satire, Ironie, Witz und Polemik zukommt. Im Rahmen der bereits etablierten Poetikdozentur „Literatur und Religion“ geben Autorinnen und Autoren Einblicke in das eigene Schreiben und legen Bezüge zur Religion offen. Schließlich wird das Verhältnis von Religion und Literatur in einem interdisziplinären Austausch auch in theoretischer Hinsicht betrachtet.

Am Cluster beteiligte Personen

 

Institutionen

Publikationen in diesem Cluster

  • Deibl, Jakob. Abschied und Offenbarung. Eine poetisch-theologische Kritik am Motiv der Totalität im Ausgang von Hölderlin. J.B.Metzler 2019.
  • Langer, Gerhard. Soma Morgenstern, der Midrasch und die exegetische Erzählung. In: Jacques Lajarrige (Hg.), Soma Morgenstern – Von Galizien ins amerikanische Exil. Berlin: Frank & Timme 2014, 313-343.
  • Langer, Gerhard. Wer ein lebendiges Wesen tötet, der tötet die ganze Welt. Soma Morgensterns Bezüge zu jüdischer Tradition, zu Judentum und Christentum, in: Chilufim: Zeitschrift für Jüdische Kulturgeschichte 9 (2010).
  • Langer, Gerhard. Die Kinder als Bürgen der Tora. Psalm 8,3, ein rabbinisches Motiv und Soma Morgensterns Übersetzung, in: Marianne Grohmann/Ursula Ragacs (Edd.), Religion übersetzen. Übersetzung und Textrezeption als Transformationsphänomene von Religion (RaT 2), Wien 2012, 93-108. 
  • Tück, Jan-Heiner . Gelobt seist Du, Niemand. Paul Celans Dichtung - eine theologische Provokation (Poetikdozentur Literatur und Religion, Bd. 5), Freiburg i. Br. 2020.
  • Tück, Jan Heiner; Mayer, Tobias (Hg.). Die Kunst umspielt das Geheimnis. Literarische Annäherungen (Poetikdozentur Literatur und Religion - Bd. 4), Freiburg i. Br. 2019.
  • Tück, Jan-Heiner; Braungart, Wolfgang; Jacob, Joachim (Hg.). Literatur / Religion. Bilanz und Perspektiven eines interdisziplinären Forschungsgebietes, Stuttgart 2019.